1. Wie das Beamen funktioniert – 2. Die Teleportation in der klassischen Physik – 3. Das Beamen und die Bestimmung von Quantenzustände – 4. Die Theorie
5. Experimente zur Teleportation
1. Wie das Beamen funktioniert: Quanten-Teleportation
In populären Science-Fiction-Filmen spielt das „Beamen“ eine Rolle: Der Transport einer Person oder eines Gegenstandes von einem Ort zum anderen, ohne dass die dazwischenliegende Strecke zurückgelegt werden muss. In dieser Lektion wird zunächst analysiert, warum die Quantenmechanik „einfache“ Varianten des Beamens verhindert. Es wird gezeigt, wie bei der „Quanten-Teleportation“ die subtilen nichtlokalen Effekte der Quantenmechanik ausgenutzt werden, um eine Form des „Beamens“ dennoch zu verwirklichen. Die kürzlich durchgeführten Experimente zur Quanten-Teleportation werden kurz vorgestellt.
Ein alter Traum aus der Science-Fiction-Literatur ist das „Beamen“: Objekte oder Personen werden von einem Ort zum anderen transportiert, ohne dass sie die dazwischenliegende Strecke zurücklegen müssen. Bekannt ist es vor allem aus der Fernesehserie „Raumschiff Enterprise“. Captain Kirk und seine Mannschaft lösen sich auf der Enterprise in einen farbigen Nebel auf und erscheinen gleich darauf auf der Oberfläche des zu erforschenden Planeten.
Da das Beamen in Schülerkreisen große Popularität genießt, ist es interessant der Frage nachzugehen, wie es im Prinzip funktionieren könnte. Dabei wird sich zeigen, dass die Quantenmechanik das Beamen zunächst unmöglich zu machen scheint. Bei näherer Betrachtung sind es aber gerade die subtilsten quantenmechanischen Effekte, die einen derartigen Prozess doch noch ermöglichen – in der Quanten-Teleportation.
2. Die Teleportation in der klassischen Physik
Überlegen wir, wie ein Prozess wie das Beamen möglich sein könnte. Da der zu beamende Gegenstand die Strecke zwischen Ausgangspunkt und Ziel nicht selbst zurücklegt (wie bei einer herkömmlichen Reise) muss es die vollständige Information über seine Besandteile sein, die übertragen wird. Nehmen wir ein aus Legobausteinen aufgebautes Modell als Beispiel. Hier ist so etwas recht einfach zu bewerkstelligen: Man demontiert das Modell und notiert sich die Art und Position jedes einzelnen Bausteins. Dann kann man einen entfernten Partner anrufen, der anhand dieser Informationen bei sich zuhause ein identisches Modell wieder aufbauen kann.
Die Teleportation von Lego-Modellen bereitet also keine größeren Schwierigkeiten. Wie sieht es aber mit realen Gegenständen oder gar Personen aus? Die vollständige Information über ihre Bausteine wäre in der klassischen Physik die Angabe von Ort und Impuls aller Teilchen, aus denen der betreffende Gegenstand besteht. Abgesehen davon, dass es in der Praxis wohl unmöglich ist, diese Information für einen realen Gegenstand zu ermitteln (noch dazu für alle Teilchen zum selben Zeitpunkt), sieht man sich einer viel fundamentaleren Schwierigkeit gegenüber: Die grundlegenden Bausteine von Personen und Gegenständen sind eben nicht kleine Legosteine, sondern Atome und Moleküle, die von der klassischen Physik nicht mehr adäquat beschrieben werden.
3. Das Beamen und die Bestimmung von Quantenzuständen
An dieser Stelle kommt die Quantenmechanik ins Spiel. Und hier zeigt sich: Das Beamen scheint schon daran zu scheitern, dass man die nötige Information über das Objekt nicht ermitteln kann:
- In der Quantenmechanik ist die gleichzeitige präzise Bestimmung von Ort und Impuls eines Teilchens nicht möglich. Noch weitgehender: Im Allgemeinen besitzt ein Quantenobjekt die Eigenschaften Ort und Impuls noch nicht einmal, das heißt, man kann ihm keinen festen Orts- oder Impulswert zuordnen.Anmerkung: U-File kann man das so im Unterricht erklären? Oder fasst man dies als exemplarisches Beispiel auf, an dem man auch die Zustandsreduktion erklären kann?
- Allgemeiner muss man fragen: Wie kann man die Wellenfunktion eines Quantenobjekts durch Messungen bestimmen? Und hier zeigt sich: Durch Messungen an einem Einzelobjekt lässt sich die Wellenfunktion nicht ermitteln. Grund dafür ist die Tatsache, daß der Zustand eines Quantenobjekts bei einer Messung verändert wird quantenmechanische Zustandsreduktion (vgl. Kap. 6.4 im Lehrgang)Fazit:
Die Quantenmechanik scheint die Möglichkeit des Beamens ins Reich der Wunschträume zu verweisen. Und was sagen die Betroffenen dazu?
EPR-Paare
Nachdem die Quantenmechanik der Teleportation einen Riegel vorzuschieben scheint, ist es um so überraschender, dass 1993 theoretisch gezeigt werden konnte, dass die Teleportation von Quantenobjekten unter gewissen Bedingungen dennoch möglich ist (vgl. Unterkapitel (S. 7) „Experimente“, Fußnote [1]). Und schon 1997 hatten zwei Forschergruppen die Teleportation einzelner Photonen auch experimentell verwirklicht (vgl. ebd. Fußnoten [2,3]. Gerade eine der sonderbarsten Eigenschaften der Quantenmechanik ermöglicht das „Beamen“: die nichtlokalen Einstein-Podolsky-Rosen (EPR)-Korrelationen zwischen zwei entfernten Objekten.
Bevor wir uns dem Mechanismus der Quanten-Teleportation zuwenden können, muss daher zunächst auf diese Korrelationen eingegangen werden.
Im gegenwärtigen Zusammenhang benötigen wir nur einige wenige Aspekte des EPR-Gedankenexperiments. Wir betrachten ein System aus zwei Quantenobjekten mit jeweils zwei möglichen Zuständen und (z. B. Spinfreiheitsgrade oder Polarisationzustände von Photonen).
Der Zweiteilchenzustand
(1)
hat ganz besondere Eigenschaften (die tiefgestellte Ziffern bezeichnen die beiden Quantenobjekte; zur Vereinfachung benutzen wir die
Notation . In diesem Zustand hat keines der beiden Quantenobjekte die Eigenschaft „Spin oben“ oder „Spin unten“; trotzdem sind ihre Spins eng korreliert. Findet man bei einer an Teilchen 1 durchgeführten Messung das Ergebnis „oben“ ( ) finden wir bei Teilchen 2 das Ergebnis „unten“ ( Warum ist das so?)
Umgekehrt führt das Messergebnis „unten“ an Teilchen 1 zu dem Schluss, dass man bei Teilchen 2 „oben“ finden wird. Die Messergebnisse an beiden Spins sind perfekt antikorreliert, obwohl die beiden Teilchen weit voneinander entfernt sein können.
Bell-Messungen
Eine letzte Zutat benötigen wir zum Verständnis der Quanten-Teleportation: die sogenannten „Bell-Messungen“ (s. Unterkapitel „Experimente“, S. 7, Literaturangabe: [4]). Um zu verstehen, was damit gemeint ist, bedarf es einer Vorüberlegung. Eine quantenmechanische Messung kann entweder durch die Vorgabe der Messapparatur gekennzeichnet sein (z. B. Messung mit einem Stern-Gerlach-Magneten) oder durch die Angabe, in welchen Zuständen sich das gemessene Quantenobjekt nach der Zustandsreduktion befinden kann
(z. B. Die Messung führt in die Zustände und ).
Bei den hier betrachteten Messungen handelt es sich um eine Messung vom zweiten Typ. Eine naheliegende Wahl für eine Messung an einem Zwei-Teilchen-System wäre das System aus den folgenden vier Zuständen:
(2)
Hier ist es einfach, sich eine Messanordnung vorzustellen, die in einen der vier Zustände führt: Man lässt jedes der beiden Teilchen einen Stern-Gerlach-Magneten passieren. Nach der Messung (d. h. nach der damit verbundenen Zustandsreduktion) befindet sich das Zwei-Teilchen-System in einem der Zustände (2).
Eine Bell-Messung führt in vier andere Zustände, die sogenannte „Bell-Basis“. Sie besteht aus (vgl. Gleichung (1) oben) sowie
Für eine Bell-Messung ist es schwieriger, eine konkrete Messanordnung anzugeben, bei der die Zustandsreduktion in einen der vier Zustände führt. Das liegt daran, dass in diesen Zuständen die beiden Spins hochgradig verschränkt sind (z. B. befindet sich der EPR-Zustand (1) darunter).
Bei keinem der beiden Teilchen hat der Spin einen festen Wert; trotzdem sind die beiden Spins korreliert (vgl. Korrelationen im EPR-Zustand). Messungen, die an jeweils nur einem der beiden Teilchen vorgenommen werden, führen deshalb nicht in diese Zustände.
Das Verfahren der Quanten-Teleportation baut auf Messungen auf, die in die Bell-Basis führen. Dadurch ergab sich eine der Hauptschwierigkeiten bei der experimentellen Realisierung.
4. Die Theorie
Nun kommen wir endlich zur Beantwortung der Frage, wie die Quantenmechanik das „Beamen“ erlaubt. Das grundlegende Schema der Quanten-Teleportation ist in der folgenden Abbildung gezeigt. Alice besitzt das Quantenobjekt 3, dessen Zustand sie an Bob übermitteln will. Sie kennt den Zustand nicht, und wie wir oben gesehen haben, kann sie ihn auch nicht ohne weiteres durch Messungen ermitteln.
Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist ein Paar von EPR-korrelierten Teilchen im Zustand aus Gleichung (1) (s. oben). Alice und Bob teilen das EPR-Paar untereinander auf: Teilchen 1 wird zu Bob, Teilchen 2 zu Alice geschickt. Damit sind alle Zutaten zur Teleportation beisammen. Es bedarf nun nur noch einiger Messungen und einer klassischen Nachricht, die (z. B. per Telefon) von Alice an Bob gesandt wird. Das Endergebnis dieser Manipulationen ist: Der Zustand wird bei Alice zerstört und taucht bei Bob auf. Er wird gewissermaßen vom Alices Teilchen 3 auf Bobs Teilchen 1 übertragen. Damit ist die Quanten-Teleportation geglückt.
a) Anfangszustand
Betrachten wir nun die Details dieses Prozesses. Den zu teleportierenden Zustand von Alices Teilchen 3 schreiben wir allgemein als:
mit bestimmten, aber Alice unbekannten Koeffizienten a und b . Wenn der Anfangfszustand der drei Teilchen wie beschrieben hergestellt wird, befindet sich das Gesamtsystem der drei Teilchen zu Beginn der Teleporation im Zustand
der zwar hochgradige Korrelationen zwischen den beiden Teilchen des EPR-Paares aufweist, aber keinerlei Korrelationen zwischen Teilchen 3 und dem EPR-Paar. Ausgeschrieben lautet der Zustand (einsetzen von Gleichung (1)):
(3)
b) Bell-Messung
Der nächste Schritt besteht darin, dass Alice eine Messung des Spinzustands an ihren beiden Teilchen 2 und 3 ausführt. Dabei wird nicht jeder Spin einzeln gemessen (so dass die Zustandsreduktion in einen der Produktzustände (2)) führen würde), sondern die Messung wird bezüglich der Bell-Basis vorgenommen. Das bedeutet: Die Messung wird so durchgeführt, dass sich das System aus den beiden Teilchen 2 und 3 nach der Messung in einem der Zustände der befindet. (Hier treten die oben erwähnten Realisierungsprobleme auf: Denn theoretisch ist eine solche Messung zwar ohne weiteres möglich, aber praktisch ist nicht problemlos zu erkennen, wie eine dazu geeignete Messanordnung aussehen müsste.)
Welche Auswirkungen hat Alices Messung auf das Gesamtsystem der drei Teilchen 1, 2 und 3? Um dies herauszufinden,
drücken wir die Zustände , usw. durch die Zustände der Bell-Basis aus.
und
Einsetzen in (3) und Sortieren der Terme ergibt:
(4)
c) Zustandsreduktion bei der Bell-Messung
Bis jetzt haben wir nur den Zustand (3) der Teilchen 1, 2 und 3 in einer anderen Basis geschrieben. Anhand von Gleichung (4) kann man die Auswirkungen von Alices Messung leicht erkennen. Man sieht, dass jeder der Bell-Zustände mit der gleichen Wahrscheinlichkeit 1/4 gefunden wird. Aufgrund der (link) Zustandsreduktion ist nach der Messung eine der vier Möglichkeiten realisiert.
Bobs Teilchen 3 ist davon ebenfalls betroffen. Es ist nach der Messung in einem der vier in (4) überlagerten Zustände (geschweifte Klammern in (4)). Die folgende Tabelle verdeutlicht dies noch einmal. In der linken Spalte sind die vier Fälle aufgetragen, die sich als Resultat von Alices Messung ergeben können; in der rechten Spalte steht der zu jedem dieser Meßergebnisse gehörende Zustand von Bobs Teilchen 1 (die Vektornotation in der rechten Spalte ist folgendermaßen zu lesen:
Alices Messergebnis an Teilchen 2,3 | Þ Zustand von Bobs Teilchen 1 |
Als Ergebnis der Messung ist durch die Zustandsreduktion also nicht nur der Zustand von Alices Teilchenpaar 2 und 3 verändert worden, sondern auch Bobs Teilchen 1 befindet sich in einem anderen Zustand. Das ist bemerkenswert, denn die Messung ist am Ort von Alice durchgeführt worden; Bob muss davon noch nicht einmal etwas gemerkt haben. Diese „Zustandsveränderung aus der Ferne“ ist charakteristisch für die nichtlokal verschränkten EPR-Zustände (vgl. Unterkapitel „EPR-Paare“, S. 4).
d) Der letzte Schritt
Für jedes mögliche Messergebnis von Alice stellt sich bei Bob ein anderer Zustand von Teilchen 1 ein (rechte Spalte der Tabelle). Bob kann nicht wissen, welches Messergebnis sich bei Alice ergeben hat. Obwohl die Zustandsreduktion schon stattgefunden hat, Teilchen 1 also schon einen bestimmten Zustand aus der rechten Spalte der Tabelle besitzt, weiß Bob noch nicht, um welchen der vier es sich handelt.
Um dies zu erfahren, muss die oben erwähnte klassische Botschaft gesendet werden: Alice muss Bob anrufen und ihm ihr Messergebnis mitteilen. Dann kann Bob in der Tabelle nachschauen und feststellen, in welchem Zustand sich sein Teilchen 1 befindet.
Wenn sich herausstellt, dass Alice den Zustand in der ersten Zeile der Tabelle gefunden hat, ist die Teleportation schon abgeschlossen: Bis auf das irrelevante Vorzeichen befindet sich das Teilchen 1 nach der Messung in dem gleichem Zustand wie das zu teleportierende Teilchen 3 vor der Messung.
Der Zustand von Teilchen 3 ist also auf Teilchen 1 übertragen worden. Damit ist die hinter dem „Beamen“ stehende Grundidee realisiert: Der Zustand eines Objekts wird an einer Stelle zerstört und taucht an einer anderen Stelle wieder auf.
Nur in 25% aller Fälle wird Alice das Messergebnis in der ersten Zeile finden. Wenn sich bei ihr ein anderer Zustand ergeben hat, ist es bis zum Abschluss der Teleportation ebenfalls nur noch ein kleiner Schritt. Wie man in der Tabelle sieht, sind die drei anderen möglichen Zustände von Teilchen 1 durch eine unitäre Transformation mit 1 verknüpft. Bei den drei Matrizen, die diese Verknüpfung herstellt handelt es sich um Drehmatrizen, die zu einer räumlichen Drehung um 180° um die x-, y- bzw. z-Achse gehören (im Fall von Photonen-Polarisationsfreiheitsgraden …). Bob muss also, abhängig von der Nachricht, die Alice ihm übermittelt, eine entsprechende Transformation an seinem Teilchen vornehmen, damit es sich im Zustand 1 befindet und die Teleportation geglückt ist.
5. Experimente zur Teleportation
Trotz der schon erwähnten experimentellen Schwierigkeiten bei der Realisierung von Bell-Messungen konnte die Quanten-Teleportation inzwischen im Labor realisiert werden. Sowohl die Forschergruppe um F. De Martini an der Universität Rom [2] als auch die Gruppe um A. Zeilinger (Innsbruck) [3] benutzten die Zustände von Photonen, um die Teleportation in die Wirklichkeit umzusetzen. Der Grund dafür ist, dass es mit Photonen vergleichsweise einfach ist, EPR- verschränkte Zustände herzustellen. Auf den folgenden Seiten wird eine Übersicht über die ersten Experimente zur Quanten-Teleportation gegeben. Wie man ein EPR-Paar herstellt und den Anfangszustand präpariert
Übersicht über die Experimente aus Rom und Innsbruck
Externe Links:
http://www.quantum.at/research/quantum-teleportation-communication-entanglement.html
Innsbruck-Experiment (Gruppe von A. Zeilinger)
Quellen:
[1] C. H. Bennett, G. Brassard, C. Crépeau, R. Josza, A. Peres, W. K. Wootters, Phys. Rev. Lett. 70, 1895 (1993).
[2] D. Boschi, S. Branca, F. De Martini, L. Hardy, S. Popescu, Phys. Rev. Lett. 80 (1998).
[3] D. Bouwmeester, J.-W. Pan, K. Mattle, M. Eibl, H. Weinfurter, A. Zeilinger, Experimental Quantum Teleportation, Nature 390, 575 (1997).
[4] S. L. Braunstein, A. Mann, M. Revzen, Phys. Rev. Lett. 69, 2881 (1992).