Es gibt in der Schulbuchliteratur verschiedene Ansätze, die Unbestimmtheitsrelation zu vermitteln. Diese werden im Folgenden kurz beschrieben und deren Vor- bzw. Nachteile erläutert.
Eine ausführlichere Diskussion der verschiedenen Zugänge finden Sie im Artikel
„Die Heisenberg´sche Unbestimmtheitsrelation im Unterricht“
(erschienen in „Physik in der Schule“ 35 (1997), S. 380 – 384).
1. Das Heisenberg-Mikroskop
Dieses Gedankenexperiment benutzte Heisenberg in den Anfangsjahren der Quantenmechanik selbst zur Illustration seiner Beziehung zur Unbestimmtheitsrelation. Es enthält die Vorstellung, dass die Unbestimmtheitsrelation mit einer „Störung“ durch eine Messung zu tun hat, die der heutigen Standardinterpretation der Quantenmechanik nicht mehr entspricht.
Kern der Argumentation:
Falls man versucht, den Ort eines Elektrons durch Beleuchtung mit hinreichend kurzwelligem Licht zu ermitteln, wird durch den unkontrollierbaren Rückstoß des gestreuten Photons der Impuls des Elektrons derartig gestört, dass die Unbestimmtheitsrelation erfüllt ist.
Nachteil:
Die Schüler werden bei dieser Einführung fast zwangsläufig zur Vorstellung geführt, dass das Elektron vor der Störung sowohl einen bestimmten Ort als auch einen bestimmten Impuls besessen hat. Denn wenn durch die Messung etwas gestört wird (Impuls), muss das Elektron dieses Etwas vorher auch besessen haben. Mit dieser Argumentation wird man also wieder zu klassischen Vorstellungen geführt.
2. Unschärfe von Wellenpaketen
Kern der Aussage:
Es ist nicht möglich durch Superposition von Wellen aus einem beschränkten Wellenzahlbereich Δk Wellenpakete zu konstruieren, deren Ortsausdehung kleiner als 1/Δk ist. Es gilt also eine Unschärferelation von Δx · Δk ≈ 0,5 . Dies ist ein grundlegendes Theorem aus der Fourier-Theorie, das man durch Superposition von wenigen Teilwellen demonstrieren kann.
Vorteil:
Die Demonstration ist fachlich korrekt, weil keine impliziten Vorstellungen über klassische Bahnen verwendet werden.
3. Potentialtopf
Kern der Aussage:
Die Möglichkeit, die Unbestimmtheitsrelation am eindimensionalen, unendlich hohen Potentialtopf nachzurechnen, wurde von Wegener vorgeschlagen.
Vorteil:
Es wird mit der echten quantenmechanischen Standardabweichung gearbeitet. Sie ist nicht besonders aufwändig und hat den Vorteil, dass die korrekten quantenmechanischen Begriffe verwendet werden.
Nachteil:
Die quantenmechanischen Mittelwertbildung muss zuvor eingeführt werden.
4. Beugung am Einzelspalt
Kern der Aussage:
Bei diesem Gedankenexperiment wird angenommen, dass die Elektronen mit festem Impuls p auf eine Blende mit einem Spalt der Breite d fallen. Am Schirm entsteht die charakteristische Beugungsfigur. Die Ortsunbestimmtheit Δx wird mit der Spaltbreite d gleichgesetzt.
Für die Lage der ersten Beugungsminima gilt:
.
Setzt man in diese Gleichung die dem Elektronenstrahl zugeordnete de-Broglie-Wellelänge λ = h/p ein, erhält man:
(1) .
Die Impulsunschärfe kann durch den Winkel a (Breite des Hauptmaximums) abgeschätzt werden und es gilt:
(2) .
Aus (1) und (2) erhält man die Abschätzung Δx · Δp » h.
Nachteil:
Das Problem liegt darin, aus der Intensitätsverteilung auf dem Schirm die Streuung der Impulse am Spalt zu erschließen. Die üblicherweise verwendete Argumentation führt leicht zu der Vorstellung, dass die Elektronen auf der klassischen Bahn vom Spalt zum Schirm gelangen.
Wie man quantenmechanisch korrekt von der Impulsverteilung am Spalt zur Ortsverteilung auf den Schirm gelangt, können Sie im Artikel „Zur Ableitung der Unbestimmtheitsrelation am Einzelspalt“ nachlesen.
5. Empfehlung für den Unterricht
- Die Formulierung, dass Ort und Impuls nicht gleichzeitig beliebig genau gemessen werden kann, sollte mit Vorsicht gebraucht werden. Die Unbestimmtheitsrelation hat nicht direkt mit gleichzeitigen Messungen zu tun. Hier finden Sie schulgerechte Informationen zu präzisen und gleichzeitigen Messungen.
- Die Interpretation der Heisenberg´schen Unbestimmtheitsrelation als Einschränkung in den Präpariermöglichkeiten auf bestimmte Eigenschaftspaare ist in jedem Falle korrekt. Mit dem Eigenschaftsbegriff kann man formulieren: Quantenobjekte können nicht in einen Zustand gebracht werden, indem sie gleichzeitig eine Orts- und Impulseigenschaft haben.
- Für eine quantitative Herleitung bieten sich die Einzelspaltableitung, die Potentialtopfmethode und die Wellenpaket-Methode an.