In vielen populärwissenschaftlichen Texten, aber auch in einigen älteren Schulbüchern wird das mysteriöse Verhalten von Quantenobjekten auf den Dualismus von Welle und Teilchen reduziert.
Es wird die Vorstellung vermittelt, der Indeterminismus der Quantenmechanik bestünde darin, dass man nicht vorhersagen kann, ob sich ein Quantenobjekt in einem bestimmten Experiment als Teilchen oder als Welle verhält.
Das ist irreführend. Es ist wahr, dass sich die Beschreibung von Quantenobjekten nicht auf ein reines Wellen- oder Teilchenmodell reduzieren lässt. Das ist eine bemerkenswerte Tatsache, die den klassischen Vorstellungen widerspricht und die im Unterricht gebührend gewürdigt werden muss.
Das „Rätsel“ des Welle-Teilchen-Dualismus in dieser naiven Form wird aber durch die Born´sche Wahrscheinlichkeitsinterpretation vollständig aufgelöst (dies wird in der Lektion Wahrscheinlichkeitsinterpretation und Wellenfunktion ausführlich diskutiert): Die Wellenfunktion gehorcht Wellengesetzen, und ihr Betragsquadrat gibt die Wahrscheinlichkeit an, das Quantenobjekt an der betreffenden Stelle zu finden. Für jedes Experiment kann man eindeutig vorhersagen, ob man „Wellenverhalten“ oder „Teilchenverhalten“ finden wird.
Das indeterministische Element der Quantenmechanik liegt vielmehr darin, dass über das Ergebnis von Messungen nur statistische Aussagen möglich sind. Am Beispiel des in dieser Lektion betrachteten Interferenzexperimentes heißt das: Man kann nicht im Voraus sagen, an welcher Stelle auf dem Schirm das nächste Photon nachgewiesen werden wird. Man kann nur die Wahrscheinlichkeit angeben, mit der es an einer bestimmten Stelle gefunden wird (vgl. Lektion 4.2 „Das Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen und die Wahrscheinlichkeitsaussagen der Quantentheorie“).